Warum Innovation Labs scheitern

Digital Lab
Digital Lab

Innovation Labs, Innovationslabor, Digitallabor, Innovation Hub, Inkubator, Accelerator. Unternehmen wollen sich mit diesen Initiativen an die Digitalisierung herantasten. Neben den als träge empfundenen Strukturen sollen endlich innovative Produkte entstehen und neue Formen der Zusammenarbeit ausprobiert werden. Doch wirklich erfolgreich sind leider nur die wenigsten.
Laut einer Studie von Capital haben von 50 Unternehmen mit Innovation Labs lediglich 15 nachweisbar Infrastrukturen, die skalierende Geschäftsmodelle hervorbringen. Doch warum ist das so?

Klar ist: Labs sind im Trend. Große Unternehmen haben (meist zu Recht) das Gefühl, dass sie bei der Digitalisierung eine aktivere Rolle einnehmen müssen. Selber etwas tun müssen. So sind in den letzten Jahren unzählige Innovation Labs wie EnBW Innovation, Sparkassen Innovation Hub, Siemens AI Lab, und viele mehr entstanden.

Unternehmen sehen die Labs als Retter vor der Stagnation und zeigen so, dass sie die Digitalisierung mit anführen und selber gestalten – anstatt sich von ihr verdrängen zu lassen. Grundsätzlich keine schlechte Idee. Doch leider sieht die Realität häufig anders aus.

Alles nur Show?

Viele Innovation Labs werden vermutlich aus den falschen Gründen aufgebaut. Es wird (zu) viel Wert auf die Inszenierung gelegt. Klar, die Unternehmen investieren viel Geld in die Labs. Aber dennoch entsteht erstmal eine vor allem schöne Hülle, die nur wenig mit dem daily business in den Unternehmen zu tun hat. Im Extremfall werkeln einige gut bezahlte, junge Leute im Lab in Berlin vor sich hin. Losgelöst von den Strukturen und von anderen Mitarbeitern in den Unternehmen.

Ohne diesen engen Austausch zwischen Konzern und Digitalableger, zwischen Kunden und auch externen Partnern sind die Innovation Labs aber vor allem eines: Eine Show und digitale Beruhigungspille.

Todsünde der Digitalisierung?

Für Jochen Siegert (COO der Finanzierungsplattform Traxpay) geht die Kritik an den Innovation Labs sogar noch weiter und bezeichnet diese als „Todsünde der Digitalisierung„. Der Grund: Für ihn wird der notwendige Wandel auf einen Nebenprozess delegiert. Damit ist es nicht nur schade, sondern sogar stark geschäftsschädigend und brandgefährlich.

Und die Skalierung?

Ein weiteres Problem der Innovation Labs ist die Skalierung. In den Labs werden Post-its geschrieben, Design-Thinking gemacht, Prototypen gebaut, Burn-Down-Charts fortgeführt, etc. Das was man eben so im Sinne einer agilen Entwicklung heute so macht.

Versteht mich nicht falsch – ich selber liebe das. Aber bei den Innovation Labs besteht immer die Gefahr, dass die Projekte nicht skalieren. Was passiert mit den Post-its? Was passiert dann mit dem Prototyp? Welche Mitarbeiter sollen und können den umsetzen? Wer gibt Budget für die Umsetzung?

Warum hat Google kein Innovation Lab?

Um grundlegend zu schauen wie es anders geht, hilft (wie so oft) ein Blick auf die erfolgreichen Digitalunternehmen. Also Amazon, Apple, Facebook, Google und co.
Warum haben die keine Innovation Labs?

Wie Tarek Müller zuletzt im OMR Podcast (Folge #259, Spotify öffnen) sehr richtig gesagt hat, ist das Wort „Digitale Transformation“ selber schon ziemlich furchtbar. Alte, tradierte Unternehmen glauben sie müssten sich jetzt – beispielsweise mit den Innovation Labs – endlich mal „digital transformieren“.
Und natürlich müssen sich die Unternehmen transformieren. Aber eben nicht einmal, sondern immer und immer wieder.

Die GAFAs kann und sollte man für vieles kritisieren. Aber sie sind auch deswegen so erfolgreich, da sie sich ständig neu erfinden und immer bereit sind, sich und ihre Produkte zu hinterfragen.

Erfolgreiche Unternehmen müssen paranoid sein

Dazu passt die Philosophie von Amazon: „Still Day One“. Auch nach zwanzig Jahren gilt bei Amazon „It’s still Day One“ – Tag eins für digitales Unternehmertum. Jeff Bezos sieht darin die Basis für die Innovationskraft von Amazon: Das Unternehmen soll so agieren und planen, als wäre es immer noch der erste Tag des Unternehmens.

Auf die Frage, was auf „Day One“ folgen werde, soll Bezos laut dem Business Insider einmal geantwortet haben:

„Day Two“ ist Stagnation. Gefolgt von Irrelevanz. Gefolgt von einem quälend schmerzvollem Niedergang. Und deswegen ist immer „Day One“

Jeff Bezoz

Bei Amazon, Apple, Facebook und Google ist letztlich die Innovation Teil der DNA. Leider sehr im Gegensatz zu vielen deutschen Konzernen.

Von daher ist es höchst unwahrscheinlich, dass in einem Innovation Lab ein paar Mitarbeiter etwas schaffen, was in der Zentrale nicht gelingt.

Innovation Labs brauchen Ziele

Um Innovation Labs erfolgreich aufzusetzen ist ein Klassiker zu nennen: Die Zieldefinition. So doof und selbstverständlich wie es klingt. Jeder der in der Kommunikationsbranche arbeitet kennt das: Bei Themen und Projekten werden sehr häufig keine klaren Ziele benannt.

Auch so bei den Innovation Labs: Es sind zu wenige Mitarbeiter für das Lab da, es gibt Zeitdruck, man will endlich mal was machen und vorzeigen. Die Etage wird umgebaut und erste Workshops gemacht.
Was aber fehlt ist oft ein einfaches, klares Ziel. Und damit auch die Ableitung von KPIs, an denen die Ergebnisse gemessen werden können.

Dabei sollte das Lab sich der Probleme annehmen, die die Konzerne ausbremsen. Welches Problem soll das Lab lösen? Je klarer die Problembeschreibung, umso nutzbarer ist am Ende das Ergebnis und umso wahrscheinlicher ist damit auch, dass es wirklich umgesetzt wird.

Innovation Labs als Test für die Zukunft des Unternehmens

Die meisten Innovation Labs bleiben unter ihren Möglichkeiten. Dennoch haben die Labs – trotz aller Kritik – ein großes Potenzial, um Unternehmen zu verändern und dabei zu helfen, dass sich diese der digitalen Umwelt anpassen können.

Damit das funktioniert, sollte das Verständnis der Innovation Labs ein anderes sein. Es geht nicht darum ein paar innovative Produkte zu konzipieren. Vielmehr sollten die Labs dafür genutzt werden, herauszufinden, wie sich das ganze Unternehmen verändern kann. Damit also als Prototyp für die Zukunft des Unternehmens fungieren.

Dafür darf das Lab nicht alleinstehend behandelt werden. Die Einbettung im System und die Einbindung der Menschen ist entscheidend. Nur so kann das Lab zum lebendigen Ökosystem werden.

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