Intuition als Schlüssel für Erfolg in agilen Zeiten

Intuition
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In der Arbeitswelt ist alles durchstrukturiert, durchorganisiert. Es gibt KPIs für alles mögliche. Und Prozesse für alles und jeden. Und das ist natürlich auch gut so. Ohne die notwendigen Daten können Entscheidungen nicht valide getroffen werden.
Bei einigen Handlungen meldet sich aber die Intuition bzw. das Bauchgefühl. Wenn nun Verstand und Bauchgefühl nicht zum gleichen Ergebnis kommen, so lohnt sich ein Hinterfragen. Doch für das Bauchgefühl scheint im Arbeitsalltag nur wenig Platz. Im Bauchgefühl steckt der Begriff „Gefühl“ – Emotionen passen besser zu Liebe und Beziehung.
Doch es ist ein Irrtum, dass sich Gefühle und Professionalität ausschließen. Dennoch ist häufig viel Mut und Selbstbewusstsein notwendig, um eine Entscheidung nicht nur mit Fakten, sondern mit dem Bauchgefühl zu begründen. Denn für die eigene Bauchentscheidung muss man selbst die volle Verantwortung übernehmen. Gerade in agilen Zeiten ist genau dies häufig der Schlüssel zum Erfolg.

Prof. Dr. Gerd Gigerenzer (Psychologe und Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung) hat Manager in den Vorstandsetagen befragt. Dabei hat er herausgefunden, dass diese etwa 50 Prozent aller Entscheidungen aus dem Bauch heraus treffen. Dabei ist der erste Entscheidungsversuch in Unternehmen typischerweise sehr rational getrieben. Die verfügbaren Daten und alle Möglichkeiten werden systematisch geprüft. Doch vielfach geben Zahlen keine klare Antwort. In diesem Fall hören erfahrene Manager vielfach auf ihr Gefühl und den Bauch.

In solchen Entscheidungsprozessen geht es jedoch nicht um eine Entweder-oder-Entscheidung. Es geht nicht um Logik vs. Bauchentscheidung. Menschen nutzen (bewusst oder unbewusst) fast immer beides.

Intuition kann zu Innovation führen

Obwohl Menschen typischerweise beides – Kopf und Bauch – nutzen, so hat das „Bauchgefühl“ häufig kein gutes Image. Heute muss alles genau begründet werden. Für vieles gibt es Zahlen und exakte Metriken. Alles wird oder ist berechenbar. Und natürlich sind Daten und Fakten wichtig und höchst sinnvoll – bspw. in der aktuellen Corona-Krise.

In anderen Situationen kann die Fokussierung auf Daten aber gefährlich sein. So suggeriert dies eine Sicherheit, die es evtl. gar nicht gibt oder geben kann (gerade in der VUCA-Welt). Und es wird suggeriert, dass alles klar und planbar ist, wenn man sich am Plan, den Zahlen, dem Prozess orientiert.

Doch genau das verhindert häufig den Blick auf das eigentliche Problem. Auf neue Ideen. Auf den notwendigen Schritt zurück. Auf eine andere Sichtweise. Die Intuition kann nicht nur ein guter Ratgeber sein, sondern vor allem auch zu Innovation führen. Es gibt viele Berufsbranchen, die stolz auf ihre Intuition sind. Ein guter Kreativer in einer Agentur benötigt eine gute Intuition, um neue Ideen zu generieren. Ein Fußballspieler trainiert jahrelang und entscheidet am Ende intuitiv, in welche Ecke er den Ball schießt. Oder eben der Manager, der auf seine Intuition vertraut.

Wann sollte man auf das Bauchgefühl hören?

Ein Großteil der Entscheidungen werden im Unterbewusstsein getroffen. Nur etwa 0,1 Prozent dessen, was das Gehirn gerade tut, wird uns bewusst. Zum Glück. Denn wenn alle Empfindungen und Entscheidungen kognitiv und bewußt getroffen werden, dann könnte der Mensch wohl nichts anders mehr machen. Daher brauchen wir die Intuition.

Daher wird jede Erfahrung, die wir erleben, kognitiv mit dem Erfahrungswissen (also der Intuition) abgeglichen. Das passiert unbewusst und mit dem gesamten Körper. Dabei geht es beim „Bauchgefühl“ gar nicht nur um Gefühle. Es geht um Spüren, Fühlen, Hören. Wenn wir etwas riechen, dann „wissen“ wir, ob es schmeckt oder nicht.

Doch für eine verlässliche Intuition benötigt man viel Erfahrung mit einem bestimmten Thema. Wenn einem diese Erfahrung fehlt, so sollte man dem eigenen Bauch nicht trauen. Besitzt man allerdings Erfahrung in einem Bereich, dann ist Intuition nützlich. Die Intuition ist dann kein diffuses Gefühl sondern vielmehr das Resultat von langjähriger Erfahrung. Dem Bauchgefühl liegen diese Erfahrungen zugrunde, die im Unterbewusstsein abgespeichert sind und die dann für die Entscheidungsfindung bewusst oder unbewusst abgerufen werden.

Der große Vorteil: Die Intuition nimmt direkt und unmittelbar wahr und reagiert auf das erlebte. So ist das Unbewusste häufig schneller und zuverlässiger als die bewusste Entscheidung.

Sich selbst (wieder) vertrauen

Die starke Fokussierung auf das Kognitive sorgt dafür, dass viele nicht „bei sich“ sind. Wir müssen so gut wie jede Entscheidung begründen können. Warum habe ich diesen Job angenommen und nicht den anderen? Warum gehen wir so und nicht anders vor? Durch die Konzentration auf externe Zahlen, Prozesse und Daten sind viele nach außen orientiert. Die Folge können Burnout und Depression sein.

Dagegen hat Intuition immer auch mit persönlichen Erfahrungen zu tun. Es geht nicht um das was andere mir sagen. Es geht darum, dass man sich selber wieder vertraut. Oft gehen wir durchs Leben und bemerken gar nicht wirklich, was um uns herum geschieht. So ist auch eine gesunde Neugier die Voraussetzung, um gute Intuition zu entwickeln.

In dem Podcast „Inner Work – Der Intuition folgen“ wird ein plattes, aber ganz gutes Beispiel aus dem Alltag genannt: Das Mindesthaltbarkeitsdatum. Riechen. Schmecken. Fühlen. Nicht unbedingt der Zahl auf dem Joghurtdeckel vertrauen. Das „sich selbst und der eigenen Empfindung vertrauen“ lässt sich natürlich auch auf die Arbeitswelt übertragen.

Und letztlich ist auch das klar: Intuition ist etwas sehr individuelles (denn es geht ja um das eigene Erfahrungswissen). So kann meine Intuition eine ganz andere sein als die von anderen.

Warum ist die Intuition gerade bei Komplexität und Chaos so wichtig?

Für agiles Arbeiten brauchen wir wieder mehr unsere intuitiven Fähigkeiten. Durch die starke Unvorhersehbarkeit (die ja eigentlich immer da ist, wenn Menschen miteinander arbeiten) ist der Nutzen von einem prozessualen Vorgehen so lala. Die Fakten haben sich ja ggf. schon wieder verändert, bis die Entscheidung getroffen ist.

Je komplexer und chaotischer der Kontext ist, desto wertvoller ist es, neben dem Denken und Reden auch intensiv ins Spüren zu kommen.

Gerade in unserer komplexen Welt benötigen wir daher einen „intuitiven Zugang zu subjektiven Entscheidungen“. Gemeint ist die Fähigkeit, dass man Dinge beurteilen kann. Denn – und so schließt sich der Kreis zum Beginn dieses Artikels – sind wir zwar alle stark an Fakten orientiert. Doch in einer VUCA-Welt sind diese häufig trügerisch. So geht es in vielen Bereichen immer mehr darum, anstatt kurzlebige Fakten zu finden und zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen, die besten Annahmen zu treffen. Und zwar intuitiv.

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