5 Gründe, warum das Spannungsbasierte Arbeiten das Arbeitsleben besser machen kann

Spannungsbasiertes Arbeiten
Spannungsbasiertes Arbeiten

Im New-Work-Baukasten gibt es unzählige Methoden und Tools. Ein solches Tool ist das sogn. „Spannungsbasierte Arbeiten“. Dahinter steckt ein einfacher, aber sehr interessanter Ansatz mit dem Ziel das eigenverantwortliche Arbeiten zu fördern.
Mit dem eigenverantwortlichen Arbeiten meine ich, dass Mitarbeiter in einem Unternehmen nicht einfach nach der Lösung von einem Problem fragen, sondern Themen, die ihnen wichtig sind, eigenverantwortlich aufgreifen und lösen.
Neben einigen weiteren Vorteilen (siehe unten), übernehmen die Mitarbeiter beim „Spannungsbasierten Arbeiten“ also verstärkt selber Verantwortung für die Probleme (das klingt jetzt irgendwie selbstverständlich, doch Probleme werden aus vielen verschiedenen und häufig auch guten Gründen in Unternehmen nicht selbstständig gelöst).

Die Grundidee vom Spannungsbasierten Arbeiten ist, dass man die sogn. „Spannungen“ regelmäßig aufdeckt und daraus einen Veränderungsvorschlag entwickelt. Das heißt jeder muss eigene Spannungen im Unternehmen lösen und so seine Situation verbessern. Gerne möchte ich etwas konkreter den Nutzen dieser Methode aufzeigen und kurz auf die Einsatzmöglichkeiten und Rahmenbedingungen eingehen.

Das sogenannte „Spannungsbasierte Arbeiten“ kommt aus dem Unternehmenssystem Holacracy. Es ist grundlegend eine Methode, bei der die Wahrnehmungsfähigkeit aller Menschen in einem Unternehmen genutzt werden soll. Ziel ist es eine positive Veränderung zu bewirken.

Um sich diesem Ansatz zu nähern, muss man erstmal verstehen, was eigentlich mit einer „Spannung“ gemeint ist …

Was sind Spannungen?

Grundlegend ist festzustellen, dass der deutsche Begriff „Spannung“ für dieses Konzept nicht ganz treffend ist, da er meist negativ behaftet ist.

Die englische Übersetzung ist „tension“ und etwas neutraler konnotiert. Und genau darum geht es auch: Es geht um eine neutrale Spannung, die dann entsteht, wenn man ein Bedürfnis hat (also einen Wunsch bzw. ein Gefühl für eine Veränderung) – aber der Ist-Zustand noch nicht erreicht ist.

Eine Spannung entsteht also in dem Delta zwischen einem erwünschten Zustand in der Zukunft und dem Ist-Zustand.

Ein Beispiel: Ich habe eine Idee, wie wir unsere Pitch-Präsentation anpassen können, um das Konzept, den wir einem potentiellen Kunden bieten, besser zu „verkaufen“. Indem ich meinen Kollegen von der Idee erzähle, skizziere ich eine mögliche Zukunft, die von der Gegenwart abweicht. Es entsteht eine Lücke, die eine Spannung erzeugt.

Beim spannungsbasierten Arbeiten geht es um die Energie, die eine Spannung erzeugt – und die man bei diesem Ansatz für etwas Positives nutzt.

Oder anders ausgedrückt: Beim Spannungsbasierten Arbeiten wird eine kontrollierte „Entladung“ der Energie genutzt, um darauf eine positive Veränderung zu bewirken.

Wichtig ist noch zu verstehen, dass eine Spannung eigentlich immer etwas emotionales ist. Ein Mitarbeiter ist genervt, es drückt irgendwo, irgendwas fehlt etc. Daher kann eine Spannung immer nur bei einem einzelnen Menschen entstehend – nicht aber in einem Team oder „im Unternehmen“.

Sabine Menzyk bietet Rat und Tat für high-potential Führungskräfte und Unternehmer*Innen der Generation Y und den sehr hörenswerten Podcast „Leading WHY„. In der nachfolgenden Episode beschäftigt sich Sabine mit dem Spannungsbasierten Arbeiten – inkl. toller Beispiele.

Podcast „Leading WHY“ von Sabine Menzyk

Der Spannungsspeicher

Um die Spannungen systematisch abzuarbeiten, ist es wichtig, dass diese an einem zentralen Ort gesammelt werden. Man benötigt einen „Spannungsspeicher“. Eine gute Idee kann es sein, dass in jedem Meeting ein solcher Spannungsspeicher zur Verfügung steht, den jeder mit seinen Spannungen befüllen kann. Das kann ein Flipchart sein, eine einfache digitale Liste wie in Teams oder so etwas wie Confluence.

Wichtig ist, dass die Spannung schnell und unkompliziert aufgeschrieben werden kann. Dies ist der erste Schritt, die Spannung sichtbar zu machen.

Spannungen verarbeiten

Schritt 1: Need definieren

Eine Spannung ist meist zuerst eine Emotion – vlt. auch „nur“ ein Bauchgefühl.

Daher ist die eigentlich nur eine zentrale Frage wichtig: Was brauchst du, damit sich diese Spannung auflöst?

Die Antwort darauf ist das Bedürfnis (Need). In diesem Schritt geht also darum aus einer Spannung (einem Gefühl) ein Bedürfnis zu machen. Wie muss es sein, damit diese Spannung nicht existiert?

Es wird hier also eine Formulierung von einer Emotion bzw. einem Problem zu einer Lösung vorgenommen. Dieser Schritt ist ganz sicher nicht einfach! Bei einem komplexen Problem gilt es die Sache knapp und verständlich auf den Punkt zu bringen. Auch gestandene Manager benötigen hier ganz bestimmt einiges an Übung.

Schritt 2: Erklärung

Eine erste Runde mit Verständnisfragen kann den am Prozess Beteiligten helfen, die Spannung besser zu verstehen.

Schritt 3: Vorschläge machen

Derjenige, der die Spannung eingebracht hat, macht typischerweise nun auch direkt einen ersten Vorschlag zur Lösung (Stichwort: Eigenverantwortung). Warum? Weil eigentlich nur die Person, die die Spannung formuliert hat auch wissen kann, was benötigt wird, um die Spannung zu lösen. Der Vorschlag wird dann natürlich im Team diskutiert.

Um operative Spannungen zu verarbeiten, gibt es einige „Behandlungsoptionen“, die sich typischerweise gar so sehr variantenreich sind. Optimalerweise fragt (bspw. im Team-Meeting) eine neutrale, vermittelnde Person: „Was brauchst du?“ (siehe „Schritt 1“).

Die Person, die die Spannung eingebracht hat, antwortet:

  • Ich brauche Advice
  • Ich brauche Informationen
  • Ich möchte Informationen teilen
  • Ich brauche ein Arbeitsergebnis
  • Ich möchte unsere Struktur weiterentwickeln

So sind einige Spannungen sehr einfach zu lösen, indem bspw. eine Information geteilt wird. Andere machen eine Handlung erforderlich, in Form eines komplexeren Ergebnisses oder sogar durch eine Strukturveränderung.

So oder so ist es wichtig, dass eine Spannung nach der anderen bearbeitet und jeder Spannung ausreichend Raum zugestanden wird. Die Person, welche die Spannung spürt, erhält vom Team die gesamte Aufmerksamkeit.

5 Gründe für das Spannungsbasierte Arbeiten

Ich selber muss zugeben, dass ich das spannungsbasierte Arbeiten leider selber noch nicht ausprobieren konnte. Klar ist, dass das spannungsbasierte Arbeiten einiges an Übung bedarf. Es ist zwar erstmal recht simple Methode – die Anwendung ist es aber ganz bestimmt nicht.

Ich kann nur von außen beobachten (und aus Gesprächen mit Personen, die dies bereits in Ihrem Team/Unternehmen einsetzen), was die Vorteile sind. Aus meiner Sicht sind dies:

  1. Eigenverantwortliches Arbeiten: Das Spannungsbasierte Arbeiten zwingt zur Eigenverantwortung – man muss selber Lösungsideen für die zuvor identifizierte Spannung einbringen.
  2. Aufmerksamkeit: Ich denke, dass ein ganz großer Vorteil vom Spannungsbasierten Arbeiten ist, dass Mitarbeiter eine ECHTE Aufmerksamkeit in einem geschützten Raum bekommen (das Konzept der „Psychologischen Sicherheit“ ist hier sicher ebenfalls sehr sinnvoll). Es passiert ja sehr häufig, dass ein Problem im Raum steht – und die Diskussion dazu abschweift und abschweift und abschweift. Und dann hat jemand eine andere Meinung. Und am Ende ist unklar, was eigentlich das Problem war. Beim spannungsbasierten Arbeiten ist das anders. Wann passiert das im hektischen Alltag denn schonmal?
  3. Wertschätzung: In dieser konzentrierten Aufmerksamkeit kommt auch eine Wertschätzung zum Ausdruck. Jede Spannung ist wertvoll. Jeder Spannung wird wertgeschätzt und nicht verurteilt. Und jede Spannung wird abgearbeitet.
  4. Sichtbar machen: Dieser Ansatz ermöglicht es, dass man sich mit Problemen überhaupt beschäftigt bzw. diese zumindest sichtbar macht. Denn häufig ist es ja so, dass Bedürfnisse bzw. daraus resultierende Spannungen im Alltag nicht gesehen werden (können).
  5. Wachstum: Jede Spannung ist immer der Impuls für Verbesserungen und Veränderungen. Es gibt ständig Spannungen – und wenn das Konzept konsequent eingesetzt wird – und damit ständig Chancen für ein kontinuierliches Wachstum des Teams bzw. des Unternehmens.

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